Ergebnisse zu Agroforstsystemen am ELKE Modellstandort Scheyern & Freising
Ein goldener Oktobertag bildete den Rahmen für den Feldtag Scheyern, an dem rund 50 Teilnehmer aus Praxis, Kommunen, Fachämtern, Ministerien und der Wissenschaft teilnahmen. Im Mittelpunkt standen die Agroforstsysteme, die sowohl im ökologisch als auch im integriert bewirtschafteten Betriebsteil des Prielhofes in die seit über 20 Jahren laufenden Fruchtfolgen eingebaut wurden. Dieser Ansatz im Zusammenhang mit der Vielzahl an verschiedenen Agrargehölzen ist einzigartig in Deutschland und damit zu Recht einer von vier ausgewählten Orten 2012 im Land der Ideen des Bundesverbundprojektes ELKE.
Zum Auftakt der Veranstaltung begrüßte Hausherr Prof. Dr. Jean Charles Munch vom Helmholtz Zentrum München die Teilnehmer und gab einen Überblick über die agrarökosystemare Forschung in der Versuchsstation Scheyern. Im Anschluss stellte der ELKE-Projektleiter Frank Wagener das Bundesverbundprojekt ELKE und seine Ziele vor. Kurt-Jürgen Hülsbergen, Professor für Ökologischen Landbau und Pflanzenbausysteme an der TU München, erläuterte das Versuchsdesign und Untersuchungsschwerpunkte in den Agroforst-Feldexperimenten am Standort Scheyern.
Nach den einleitenden Vorträgen ging es dann in einem zweiten Block um Biomassebildung und Ertragsleistungen:
Magdalena Ochsenbauer, Julia Huber und Harald Schmid (alle TU München) stellten erste Ergebnisse zu Ertragseinflüssen der Baumreihen, Biomassebildung und Kohlenstoff-Sequestrierung sowie Energie– und Treibhausgasbilanzen in den Agroforstsystemen am Standort Scheyern vor. Wie in den Ausführungen klar wurde, haben die angebauten Gehölze eine hohe Energieeffizienz im Vergleich mit anderen landwirtschaftlichen Kulturen und verfügen als C-Senke über ein enormes Treibhausgasminderungspotenzial. Zur Bewertung der Wechselwirkungen zwischen Gehölzen und Ackerkulturen im Agroforstsystem bedarf es weiterer Arbeiten.
Der nächste Block widmete sich den Umweltwirkungen und Naturschutzleistungen der Agroforstsysteme:
Claudius Birke (TU München) konnte in seinem Vortrag anhand von Modellrechnungen eindrucksvoll zeigen, dass die Anlage von Gehölzstreifen im Acker vorhandene Erosionsprobleme erheblich mindern kann.
Dr. Michael Glemnitz vom Leibniz Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) in Müncheberg berichtete über die laufenden Untersuchungen zum Einfluss der Agroforstsysteme auf die Biodiversität. Am Beispiel der Laufkäfer und der Vegetation erläuterte er den Teilnehmern die besondere Habitatqualität, Ökoton-Effekte und die funktionalen Leistungen hinsichtlich Biotopverbund, die sich als erste Tendenzen anhand der vorliegenden Daten abzeichnen.
Sebastian Wolfrum bestätigte diese Effekte mit seinen Untersuchungen zu Fledermauspopulationen und deren Aktivitäten am Standort Scheyern. So zeigte er, dass die Fledermäuse die Gehölzestreifen als Jagdlebensraum und Verbundelemente trotz der ohnehin bereits strukturreichen Landschaft nutzen. Im Ausblick besteht auch hier noch Bedarf für vertiefende Untersuchungen.
Anna Köhler schließlich rundete den Block zu Umweltwirkungen und Naturschutzleistungen mit einem Vortrag zu den Regenwurmpopulationen im Agroforst ab. Im Ergebnis zeigte sich, dass die Abundanzen, die Biomasse der Würmer und vor allem auch der Anteil juveniler Tiere im Baumstreifen höher lagen als im benachbarten Acker. Dabei gab es Unterschiede hinsichtlich der Bewirtschaftungsart – auf den ökologisch bewirtschafteten Flächen waren mehr Regenwürmer, ferner gab es Unterschiede zwischen den angebauten Baumarten.
Nach dem umfangreichen Vormittagsprogramm und einer anschließenden Brotzeit auf dem Prielhof, gab es im 4. Vortragsblock noch zwei Beiträge:
Tobias Jorissen von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf stellte seine Methodik und erste Ergebnisse zur ökonomischen Bewertung der Agroforstsysteme vor. Dabei machte er deutlich, dass die Datenbasis noch viel Interpretationsspielraum bietet. Insbesondere der Hackschnitzelertrag beeinflusst die Wirtschaftlichkeit stark – hier gilt es die im kommenden Winter anstehende Ernte abzuwarten. Zudem müssen die Wechselwirkungen zwischen Bäumen und Ackerbau, wie bereits im ersten Block diskutiert wurde, näher untersucht werden und in ökonomische Gesamtbetrachtungen einfließen.
Den Abschluss des Vortragsprogramms übernahm Matthias Maino vom Landschaftspflegeverband Freising. Er zeigte die Möglichkeiten der Umsetzung von Agroforstsystemen anhand realer Beispiele aus der Arbeit des Landschaftspflegeverbandes, darunter die ersten anerkannten Praxisflächen, die im Landkreis Freising seit 2009 mit Beginn der Umsetzungsphase von ELKE sukzessive entwickelt wurden. Für mehrere Gemeinden wurden bereits produktive Kompensationsmaßnahmen angelegt, die von Maino und Kollegen stets maßgeschneidert auf Standort, Zielarten und Nutzung angepasst haben. Für die Zukunft sind weitere größere Vorhaben in Planung.
Nach vielen Vorträgen schließlich läutete Betriebsleiter Georg Gerl (Helmholtz Zentrum München) die Besichtigung der Agroforstversuche ein. Die Teilnehmer machten sich vor Ort und mit eigenen Augen ein Bild von den Flächen und hatten die Gelegenheit viele der gehörten Eindrücke am Objekt noch einmal vertiefend zu erörtern. Dabei wurde deutlich, dass die Agroforstflächen als „grüne Infrastruktur“ geeignet sind. Die beispielhafte Umsetzung einer „differenzierten Landnutzung“, wie sie Prof. em. Dr. Wolfgang Haber bereits 1972 vorschlug, ist in Anbetracht des stattfindenden Landschaftswandels aktueller denn je.
Großes Interesse fand auch die Diskussion zur Erschließung von Synergien für den landwirtschaftlichen Betrieb und den Naturschutz über die Einbindung der erzeugten Energierohstoffe in regionale Wertschöpfungsketten. Am Prielhof wird der regionalen Veredelungsweg des Agrarholzes anschaulich demonstriert – nur wenige Meter vom Acker entfernt steht das Hackschnitzelheizwerk des Klosters Scheyern.
Der Feldtag in Scheyern hat gezeigt, dass Agroforstsysteme erhebliche ökologische Leistungen erbringen können. In Zukunft wird es darum gehen diese Leistungen näher zu quantifizieren. Durch die gezielte Verbindung der landwirtschaftlichen Produktion mit Leistungen für den Natur- und Umweltschutz und regional nachhaltiger Energieversorgung bieten Agroforstwirtschaft und weitere extensive Anbausysteme als Mehrnutzungskonzepte Lösungen für zahlreiche Herausforderungen der Kulturlandschaftsentwicklung. Fokus im ELKE-Projekt ist die Anerkennung dieser Systeme als produktive Kompensationsmaßnahmen auf landwirtschaftlichen Nutzflächen im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes und des Baugesetzbuches. Aber auch darüber hinaus, beispielsweise für die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie und das Greening der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik gibt ELKE Antworten.